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10.06.2013 - Interview - Medien / Marketing
Entwicklungen in der Business Intelligence (BI)
Ein Interview mit Prof. Dipl.-Math. Alfred Wulff
(Initiative Mittelstand) Prof. Dipl.-Math. Alfred Wulff leitet das Institut für Wirtschaftsinformatik (IfW) an der Jadehochschule in Wilhelmshaven. In der Veranstaltungsreihe „Kolloquium zur Wirtschaftsinformatik“ bietet der Fachbereich regelmäßig öffentliche wissenschaftliche Fachvorträge an. Im Interview im Vorfeld des Vortrages „Usability und schneller Nutzen“ (von Thomas Veit, b-imtec) gab er Antworten auf Fragen zu aktuellen Entwicklungen im Bereich Business Intelligence.(11. April 2013) Das Interview führte Beatrix Westphal Herr Professor Wulff, was bewegt den IT-Markt, wohin steuert die Branche, wo sehen Sie die aktuellen Trends?
Aktuell sind Themen wie Datenanalyse – Business Analytics, Business Intelligence, Cloud Computing und die Verarbeitung von großen unstrukturierten Datenmengen, also Big Data von großem Interesse. Speziell Big Data ist ein strategisches Thema, das die Informationsarchitektur von Unternehmen zukünftig ändern wird.
Was sind die aktuellen Themen speziell für BI-Software? Welchen Herausforderungen muss sie sich in den nächsten Jahren stellen?
Da ist die funktionale und datentechnische Verschmelzung dieser z. T. noch häufig eigenständigen Software-Kategorie mit konventionellen, betrieblichen Anwendungssystemen zu nennen. Weiter wird es immer wichtiger, BI-Software passgenau auf die Anforderungen der Endanwender zuzuschneiden, denn diese arbeiten zunehmend autonom, möchten eigene Modellierungen durchführen und mit den Daten selbstständig Analysen erarbeiten können. Besondere Herausforderungen stellen der Wunsch nach zeitnahen Analyseergebnissen aktueller Unternehmens- und Marktdaten, die Integration komplexer Data-Mining-Techniken sowie der Wunsch nach ortsunabhängigem Zugriff auf Unternehmenskennzahlen mit mobilen Endgeräten dar.
Was zeichnet in Ihren Augen die ideale BI-Lösung 2013 aus?
Ihre Benutzerfreundlichkeit, die einfache Einbindung beliebiger Datenquellen und –formate, die Integration mit bekannter Software, z. B. den Office-Produkten – von der Tabellenkalkulation bis zur Textverarbeitung und die flexiblen Visualisierungsmöglichkeiten.
In diesem Jahr wurde b-imtec mit der TARGIT BI Suite Landessieger; im vergangenen Jahr waren Sie selbst in der Fachjury des INNOVATIONSPREIS-IT der Initiative Mittelstand, die TARGIT zum Sieger in der Kategorie Business Intelligence erklärte. Was waren Ihre Kriterien?
Der Markt im Segment BI-Software ist ja mittlerweile sehr groß geworden und die Konkurrenzsituation hat sich deutlich verschärft. Der Fokus des angesprochenen Wettbewerbs liegt auf der Zielgruppe der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Dort ist es für erfolgreiche Lösungen besonders wichtig, gerade im Bereich der Usability überzeugende Lösungen anzubieten. Intuitiv nutzbare Lösungen zu bieten, die gut integrierbar und leicht erweiterbar sind und so Zukunftssicherheit versprechen, sind dabei entscheidend und müssen den Endnutzer überzeugen.
Etwas ketzerisch gefragt: Wie viele Informationen benötigt ein Unternehmen für die Unternehmenssteuerung?
Da antworte ich mit einer Phrase: So viele wie nötig und so wenig wie möglich. Wie viele und welche Informationen benötigt werden, ist von der Steuerungsebene abhängig. Die Unternehmensführung benötigt andere Informationen als die Mitarbeiter auf der operativen Ebene. Entscheidend ist in jedem Fall die Gewährleistung der Qualität der zu analysierenden Daten. Hier liegt gerade in der Big-Data-BI eine besondere Herausforderung.
Sehen Sie branchenspezifische Unterschiede im Einsatz von BI-Software?
Die klassischen Branchen, in denen BI-Software schon viele Jahre erfolgreich eingesetzt wird, sind natürlich Handel und Produktion. Dass Business Intelligence auch für alle anderen Branchen eine relevante Thematik ist, wird immer deutlicher. Und so entdecken in den letzten Jahren z. B. auch kleine und mittelständische Unternehmen das Thema BI zunehmend für sich. Gerade der Mittelstand, der allenfalls kleine IT-Abteilungen unterhält, ist zunächst auf Lösungen angewiesen, die weitgehend vorkonfiguriert, schnell und einfach einsetzbar sind und direkten Nutzen bringen. Im zweiten Schritt muss die BI-Lösung genügend Erweiterungsmöglichkeiten bieten, um die mit der Zeit typischerweise wachsenden Anforderungen erfüllen zu können.
„Open Source wird die Welt regieren“ sagt eine aktuelle Studie*. Open Source für BI - eine Alternative speziell für den Mittelstand?
Als Patentlösung sehe ich Open Source im Bereich BI speziell für KMU aktuell nicht. Denn auch für zwar zunächst kostenlose Open-Source-BI-Software braucht man üblicherweise kostenpflichtige Unterstützung für Installations-, Konfigurations- oder Anpassungsaufgaben. Ein Unterschied des OSBI-Geschäftsmodells zu kommerziellen BI-Lösungen ist daher kaum noch auszumachen.
Wie sehen Sie die Entwicklung von BI hin zur Cloud?
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen werden zunehmend Daten und Dienste in die Cloud verlagern, wenn denn alle Parameter für ihre Akzeptanz erfüllt sind. Das bedeutet dreierlei: Cloud-Angeboten müssen universell verfügbar sein, der Preis muss überzeugen und der Nutzen muss klar erkennbar sein. Wenn alle Parameter stimmen, ist die Cloud auch für BI-Anwendungen nicht aufzuhalten.
Mobile Business Intelligence – wohin geht der Weg?
Führungskräfte und Mitarbeiter wollen auch von unterwegs auf Daten und Auswertungen zugreifen – deshalb wird sich mobile BI etablieren. Die Entscheidung, welche Form des Zugriffs auf die teilweise sehr großen Datenmengen sinnvoll ist, wird die Praxis zeigen. Meinem Verständnis für mobile BI-Lösungen – insbesondere aus Sicht eines unabhängigen Entwicklers und Anbieters – entsprechen eher kompatible, geräteunabhängige Anwendungen, also webbasierte Lösungen.
Die Jadehochschule ist eine Fachhochschule und steht für die praktische Verknüpfung theoretischer Inhalte, um u. a. ihre Studierenden bestmöglich auf den Einsatz im Unternehmen vorzubereiten – wie schaffen Sie das im Bereich IT, neben Angeboten wie dieser Vortragsreihe?
Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt eindeutig in der Lehre. Studierende müssen in der kurzen Zeit ihres Bachelorstudiums für den hoch-dynamischen IT-Markt qualifiziert werden. Die Verbindung zwischen Theorie und Praxis stellen wir im Studium daher früh her und führen z. B. bereits im ersten Semester Exkursionen zu Software-Häusern, IT-Beratungsunternehmen und IT-Anwendern durch.
Alle Themen, die wir im Bereich Forschung & Entwicklung bearbeiten, haben einen Bezug zu Unternehmen oder Organisationen, mit denen wir insbesondere hier im nordwestdeutschen Raum Kooperationen unterhalten. Hier haben wir ein eigenes Trainee-Programm für unsere Studierende der Wirtschaftsinformatik entwickelt. Dies umfasst auch eine finanzielle Unterstützung ausgewählter Studierender durch die Traineeunternehmen. Aktuell arbeiten wir z. B. an Entwicklungs- und Beratungsprojekten im Themenfeld Geschäftsprozessmanagement und Geschäftsprozessoptimierung, u. a. auch in Kooperation mit Unternehmen aus der Transport- und Logistikbranche.
Andere Projekte betreffen die Themen BI, Datenbanken, Big Data, Wissensmanagement, Usability und Software-Ergonomie. Seit 2012 bieten wir im Rahmen des regulären Studienangebotes auch SAP-Zertifizierungen und Vorbereitungen zu ORACLE-Zertifizierungen an. Wir unterhalten internationale Kooperationen und unterstützen Studienaufenthalte z. B. in den USA und in Irland. Im Rahmen eines Partnerprogramms mit einer chinesischen Universität nehmen wir jährlich ausgewählte chinesische Studierende auf. In diesem Jahr konnten wir die ersten vier chinesischen Absolventinnen aus dem Studiengang Wirtschaftsinformatik verabschieden.
Prof. Wulff, vielen Dank für das informative Gespräch!
Quelle:
*Black Duck Software und North Bridge Venture Partners „Future of Open Source Survey“ The 2013 Future of Open Source Survey Results from Black Duck Software