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26.10.2016 - Fachartikel - Kommunikation

EGVP und beA: Es ruckelt im Rechtsverkehr

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(Initiative Mittelstand)

Eine Änderung im Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs hat Auswirkungen auf viele Akteure und Organisationen, die mit Gerichten kommunizieren. Für Anwälte oder Notare, Behörden oder Unternehmen gelten seit Januar wichtige Änderungen, was den Zugang zum elektronischen Rechtsverkehr betrifft.

Unternehmen und Behörden kommunizieren etwa dann regelmäßig mit Gerichten, wenn es um Mahnverfahren geht. Dafür stand ihnen bisher zum Beispiel der sogenannte Bürger-Client des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) zur Verfügung. Er wurde jedoch zum 1. Oktober 2016 abgeschaltet. Der Support lief sogar schon zum 1. April 2016 aus.

Organisationen sollten sich eine Alternative suchen

Betroffene Organisationen müssen sich also nach einer Alternative umschauen, wollen sie EGVPNachrichten senden und empfangen. Die Bereitstellung der nötigen Komponenten ist nun Sache der Softwarehersteller. „Wir empfehlen Unternehmen und Behörden, sich jetzt um eine Alternative zum Bürger-Client zu kümmern“, erklärt Stephan Vanberg, Geschäftsführer von FP Mentana-Claimsoft. „Sie sollten dabei ein System auswählen, das zentral arbeiten kann, sprich das an einer Stelle in der IT-Infrastruktur einer Organisation implementiert wird und dann alle gewünschten User darüber arbeiten können. Im Idealfall werden innerhalb eines Produkts oder Systems weitere, sichere Kanäle wie etwa die De-Mail angeboten. Auch eine beweiswerterhaltende Archivierung sollte im Anschluss möglich sein und beachtet werden.“

Eine andere Regelung gilt für Anwälte und Notare: Letzteren steht künftig das „besondere elektronische Notarpostfach“ zur Verfügung. Wollen hingegen Anwälte mit der Justiz kommunizieren, sollen sie künftig das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ (beA) nutzen. Zuständig für die Einrichtung des beA ist die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Im April hatte die BRAK per Pressemitteilung verlautbaren lassen, dass das besondere elektronische Anwaltspostfach ab Ende September 2016 für alle Anwender bereitstehen werde. Der ursprüngliche Starttermin zum Januar 2016 war wegen technischer Probleme verschoben worden.

Anwälte in der Warteschleife

Prompt jedoch ging das Kapitel beA in die nächste Runde: Im Juni verpflichtete der Anwaltsgerichtshof Berlin die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) dazu, „ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) für die antragstellenden Anwälte nicht ohne deren ausdrückliche Zustimmung zum Empfang freizuschalten“, so die BRAK in einer weiteren Pressemitteilung.

Und nun? Da es ihr technisch nicht möglich sei, die Empfangsbereitschaft von Postfächern einzeln zu steuern, werde die BRAK von der Einrichtung der beAs für alle Rechtsanwälte in Deutschland absehen, bis das – in einem Fall bereits eingeleitete – Hauptsachverfahren abgeschlossen sei. Rund 165.000 Berufsträger und ihre 300.000 Mitarbeiter hängen seitdem in der Warteschleife. „Hier wurde meiner Meinung nach ein Stück weit an der Realität vorbei agiert. Einer solchen Zahl an Anwälten ein elektronisches Postfach einrichten zu wollen, ohne sie vorher nach ihrer Zustimmung zu Fragen – da waren Proteste schon fast erwartbar“, erklärt Vanberg weiter.

Auch insgesamt sieht er die Herangehensweise an die Neugestaltung des elektronischen Rechtsverkehrs kritisch. „Aktuell sehe ich hier die Chance einer intelligenten und stringenten Digitalisierung eines größeren, aber doch klar definierten Rahmens – nämlich der Kommunikation mit Gerichten – an uns vorbeiziehen. Anstatt den günstigen Moment zu nutzen und sie auf eine einheitliche, digitale Basis zu stellen, arbeiten die verschiedenen Interessengruppen erneut mit Insellösungen – es entsteht eine neue, weitverzweigte Toollandschaft. Ein großes Potenzial der Digitalisierung von Geschäftsprozessen, nämlich die Standardisierung und Vereinfachung, bleibt damit ungenutzt“, so der Geschäftsführer von FP Mentana-Claimsoft abschließend. „Für die Zukunft sind wir deshalb aufgefordert, uns aus bestehenden Strukturen zu lösen und größer, interdisziplinärer zu denken. Nur, wenn wir uns nicht in Details verlieren, können wir das große Potenzial der Digitalisierung in vollem Umfang nutzen.“

http://www.fp-francotyp.com/

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